Die Volksbank Groß-Enzersdorf reg. Gen.m.b.H.
Das Fortschreiten des Krieges wirkte sich auch auf die Tätigkeit der Bank aus. So musste 1940 und 1941 schon um Verlängerung der Frist zur Abgabe der Steuererklärung angesucht werden, weil der Arbeitsaufwand nicht mehr bewältigbar war. Durch die Fusion war einerseits der Arbeitsaufwand gestiegen, ohne neue Mitarbeiter zu bekommen – ganz im Gegenteil begann dieser, bedingt durch Einberufungen, sogar zu sinken. 1942, als man wie im Jahr davor beim Finanzamt um Fristverlängerung ansuchte, stellte sich die Lage noch schlimmer dar, da bereits die Hälfte der Mitarbeiter zum Wehrdienst eingezogen worden war.
Bei den Kämpfen in den letzten Tagen des 2. Weltkrieges, bevor die sowjetische Armee am 12. April 1945 die Stadt besetzte, wurde zwar auch das Gebäude der Groß-Enzersdorfer Volksbank durch Einschüsse beschädigt, jedoch lange nicht so stark, wie es bei den Banken von Marchegg und Gänserndorf der Fall war, was bei den jeweiligen Instituten noch ausführlich behandelt wird. Von Plünderungen und Übergriffen war Groß-Enzersdorf aber genauso wie die anderen Orte betroffen.

Die schwierige Lage zeigt sich auch an der Bitte der Volksbank Groß-Enzersdorf zur weiteren Freigabe von Sperrguthaben der Bank vom Finanzministerium vom 7. November 1947, da die Einleger zu einem Gutteil aus dem Bauernstand stammten und die Gelder zur „ […] Wiedergutmachung der durch Kriegsereignisse entstandenen Schäden an Pferden und Rindvieh […]“ benötigen würden.
Trotz aller Schwierigkeiten wurde die Bank zu einem immer wichtiger werdenden wirtschaftlichen Faktor für Groß-Enzersdorf und seine Umgebung.
Als die spätere Direktorin, Adelinde Schrom, im Jahr 1953 ihren Dienst bei der Bank antrat, stellte sich die Situation noch ganz anders als heute dar. In einem großen Raum mit Ofen, der im Winter mühselig händisch beheizt werden musste, standen Schreibtische und Stehpulte für den Kundenverkehr. Alles geschah noch händisch, so auch die Eintragungen in die Sparbücher. Besonders am Jahresende war dies eine Herausforderung, da die Zinsen in allen Sparbüchern verzeichnet werden mussten. Statt einer ausgelassenen Silvesterfeier wurde deshalb bis weit nach Mitternacht in den Neujahrstag hinein gearbeitet.
Auch der Mitarbeiterstand fing nach dem 2. Weltkrieg erst langsam wieder an zu wachsen – 1953 waren es gerade einmal drei Personen gewesen –, bis zur Fusion mit der Marchfelder Volksbank 1991 sollte er sich langsam aber stetig mehr als verfünffachen auf sechzehn Personen. Das wirtschaftliche Wachstum wird durch die Bilanzsumme verdeutlicht, die sich von 1950 bis 1973 weit mehr als verachtzehnfachte.
Dieser Aufwärtstrend schlug sich auch in der Erweiterung des Geschäftsfeldes mit der Gründung einer, von Montag bis Freitag geöffneten, Filiale in der Gartenheimstraße Nr. 7 in Wien-Essling nieder. Dort hatte es einerseits in der Bevölkerung Interesse an der Errichtung einer Volksbankfiliale gegeben, wie es anlässlich der Eröffnung hieß, andererseits waren Groß-Enzersdorf und Essling seit langem schon verkehrstechnisch gut aneinander angebunden – zunächst zwischen 1866 und Anfang 1922 durch eine Dampftramway-Linie, danach über die elektrische Straßenbahn und seit 1970 über den Autobuslinienverkehr, der die Straßenbahn ersetzte. Die Eröffnung fand am 7. Oktober 1978 unter Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste statt. Überhaupt sollte 1978 das Jahr der Filialgründungen werden, wie sich an der parallelen Entwicklung der Marchfelder Volksbank damals zeigen wird.
Ebenfalls zeitlich fast parallel zum späteren Fusionspartner mussten, um dem neuen Kreditwesengesetz von 1979, das das längst überholte noch aus der NS-Zeit stammende alte Kreditwesengesetz ablöste, strukturelle Änderungen bei der Bank vorgenommen werden. Dies äußerte sich vor allem in der Einsetzung eines hauptamtlichen Vorstandes, der den ehrenamtlichen ablöste. Eine Entwicklung, die später noch zur Sprache kommen wird.
Bereits mehrfach musste das Bankgebäude umgebaut, vergrößert und umstrukturiert werden, um dem steigenden Personalstand und dem gesteigerten Geschäftsaufkommen Folge leisten zu können. Mitte der 1980er Jahre war die Kapazitätsgrenze endgültig überschritten, und neue Pläne mussten in Betracht gezogen werden. Doch erst mit dem Erwerb des Nachbarhauses konnte ein adäquater Neubau ins Auge gefasst werden. So lagen die endgültigen Planungsentwürfe erst Ende 1991, also bereits nach der Fusion mit der Marchfelder Volksbank, vor, sodass diese Thematik im dortigen Abschnitt genauer betrachtet wird.
5. Vom Spar- und Vorschussverein Unter-Gänserndorf zur Ersten Gänserndorfer Volksbank